Das Jugend-hackt-Jahr 2020 im Rückblick
Fakt ist: Wir sind ganz froh, dass das Jahr 2020 hinter uns liegt. Das neue Jahr bringt natürlich erst einmal keine Änderung der Gesamtsituation mit sich, trotzdem wollen wir kurz einmal auf die vergangenen zwölf Monate zurückblicken. Anders als viele Jahresrückblicke versuchen wir, so wenig wie möglich die Wörter „aber“, „leider“ und „nicht“ zu benutzen und konzentrieren uns auf die positiven Erinnerungen.
Dem hauptamtlichen Team in Berlin geht es dabei den Umständen entsprechend gut: Seit Mitte März arbeiten wir alle standardmäßig im Home-Office und sind seitdem nur noch nach Bedarf und mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen in unsere Büros gekommen. Gut, dass das für unsere Vereine eine Selbstverständlichkeit ist. Es ist dennoch nicht für alle und für immer eine Lösung. Vor allem die Eltern unter uns sind insgesamt überlastet. Wir sind aber glücklich, dass niemand von uns an Corona erkrankt ist.
Events
Wir hatten acht tolle Events dieses Jahr. Die ersten beiden fanden Anfang 2020 noch vor Ort statt und waren jeweils eine Premiere: Im Forschungszentrum Jülich konnten wir im Februar zum Event Mädchen vernetzen insgesamt 17 Teilnehmerinnen begrüßen. Unser erster Hackathon, bei dem eine bestimmte Zielgruppe unter sich war, wurde vom Kölner Team der fjmk organisiert.
Mit dem im März folgenden Event in München konnten wir endlich auch eine große Lücke auf der Landkarte schließen: Das erste Mal Jugend hackt in Bayern! 41 Jugendliche kamen zu dem Event, das Kathrin vom ZD.B und Danilo vom Q3 mit ihrem Team organisiert hatten.
Danach wurde es anders. Das Wochenende in München war rückblickend betrachtet der letzte Termin, an dem 2020 größere Gruppen zusammen kommen konnten. Der schon fertige Blogpost aus dem März, in dem wir unsere Jahresplanung ankündigen wollten, steht bis heute noch auf Entwurf.
In unsere ersten Überlegungen des „was nun?“ platzte unsere Community hinein. Eine Gruppe von Jugendlichen wollten sich nicht damit abfinden, dass wegen Corona nun gar keine Events stattfinden sollten. Sie meldeten sich am 16. März mit einem Konzept für einen Online-Hackathon bei uns. Deal. Nur drei Tage später fand Jugend hackt remote statt, mit 13 Teilnehmer*innen, eine Co-Produktion von Jugendlichen mit dem Berliner Team. Nicht jeder Versuch, die Offline-Abläufe auf ein Online-Event zu übertragen, hat dabei funktioniert – aber ohne es auszuprobieren, hätten wir das nicht herausgefunden.
Zunächst einmal haben wir die für den Frühling und Sommer geplanten Events in den Herbst verschoben, in der Hoffnung, sie dann vor Ort nachholen zu können. Nicht für alle Standorte ist das gelungen: In Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Frankfurt, Ulm und in Schaffhausen fielen die Events 2020 ersatzlos aus.
Mit angepasstem Konzept fand Ende August Jugend hackt in Linz statt. Anstelle eines ganzen Wochenendes gab es einen eintägigen Hackday mit einem festen Motto. Bei „digital gardening“ ging es um Projekte mit Umwelt-Bezug. Der Tag fand in Kooperation mit dem Ars Electronica Festival statt und richtete sich an junge Menschen aus Österreich, Deutschland, den Niederlanden und Ungarn, die Veranstaltungssprache war englisch.
Für die folgenden drei Veranstaltungen kehrten wir zum bekannten Wochenendformat zurück, also Freitagnachmittag bis Sonntagmittag. Bereits eine Woche nach Linz war das Team vom Eigenbaukombinat Gastgeber von Jugend hackt in Halle. Julias Keynote trug den Titel „Technik ist, was wir daraus machen“, und genau in diesem Sinne nutzten die 16 Teilnehmer*innen, die aus ihren Zimmern in ganz Deutschland teilnahmen, auch viele Tools, um virtuell die Distanzen zu überbrücken.
30 Jugendliche waren zwei Wochen später online bei Jugend hackt in Hamburg dabei. Eigens von Hanno aus dem Hamburger Team entwickelte Tools wie der Ideenplakat-Generator oder der virtuelle Applaus im Livestream sorgten dafür, dass es sich nicht nur wie eine zweitägige Videokonferenz anfühlte.
Im November lud Jugend hackt in Heidelberg zur Online-Veranstaltung ein. Wir hatten lange darauf gehofft, dass Heidelberg und danach Köln wieder traditionell stattfinden könnten. 25 Teilnehmer*innen waren dabei und zeigten, dass die Wissensvermittlung untereinander auch online gelingt: So gab es spontan einen Webcoding-Workshop von Jugendlichen für Jugendliche.
Den Abschluss des Jahres bildete Jugend hackt in Köln. Statt im Mai nun am 1. Advent, statt vor Ort mit ausgefeiltem Hygienekonzept am Ende doch als remote-Event. Eine Neuerung beim sechsten Kölner Event: Die Ideenfindung, sonst immer am Freitag Abend, fand bereits zwei Wochen vorher statt und gab den 25 Jugendlichen am eigentlichen Wochenende etwas mehr Zeit für die Umsetzung ihrer Projekte.
Zu jeder Veranstaltung gibt es übrigens noch viel mehr herauszufinden: Die Links in diesem Text verweisen auf ausführliche Nachberichte mit allen Projektpräsentationen.
Insgesamt können wir sagen: Es geht schon alles auch online, auch, wenn es nicht dasselbe ist. Auch mit guten Tools und stabilen Videokonferenzen lässt sich das Jugend-hackt-Gefühl nicht komplett nachbilden. Es macht einen Unterschied, ob man als Teilnehmer*in bewusst eine Reise antritt und mit (neuen) Freund*innen 48 Stunden an einem eigenen Ort zusammen ist, oder ob man zuhause sitzt und alle nur durch den Computer erlebt.
Es ist auch für unsere großartigen ehrenamtlichen Mentor*innen nicht so einfach zu erkennen wie vor Ort, wo in jedem Moment Unterstützung gebraucht wird. Und während Software-Projekte sich gut für eine Online-Kollaboration eignen, sind dieses Jahr so gut wie keine Hardware-Projekte entstanden. Was am Ende zählt: Wir erinnern uns an viele schöne Momente, spannende Projekte und freuen uns sehr über durchweg positives Feedback zu den Online-Events.
Mehr über die (Remote-)Events erzählen euch Daniel und Nina in ihrem Talk vom Congress:
Labs
Wir sind mit zwei Jugend hackt Labs in dieses Jahr gestartet und nun sind es fünf: Nacheinander sind diesen Herbst die neuen Labs in Cottbus, Heilbronn und Heidelberg gestartet, worüber wir uns sehr freuen. Noch hat allerdings kein Jugendlicher vor Ort teilgenommen, da alle Standorte mitten in der Pandemie ausschließlich Online-Workshops anbieten.
Das Lab in Cottbus ist am dortigen FabLab Cottbus angesiedelt. Unsere Lab-Leads dort sind Christopher und Gordon. Sie legten am 26. Oktober mit einem Roboter-Workshop los und haben seitdem jeden Montag einen Termin angeboten.
Am 21. November konnte Lisa gemeinsam mit ihren Mentor*innen das Lab in Heilbronn an der dortigen Hochschule eröffnen. Seitdem haben unter anderem zwei Java-Workshops für Einsteiger*innen stattgefunden.
Im Lab in Heidelberg ging es am 3. Dezember mit einem Arduino-Workshop los. Lab-Lead Jasper vom DAI Heidelberg, den viele schon von den jährlichen Events kennen, will damit die Grundlagen für selbstgebaute CO2-Ampeln vermitteln.
Unsere beiden Labs in Ulm und Fürstenberg, die bereits seit dem Sommer 2019 regelmäßige Termine anbieten, haben dieses Jahr auch zeitweilig auf Online-Workshops umgestellt. Einige Angebote im Sommer konnten unter Einhaltung von Abstandsregelungen vor Ort stattfinden, generell war es wie bei den Events: Lieber online und sicher.
Der positive Nebeneffekt: Bei Online-Angeboten kann man von überall aus teilnehmen. Die Labs, ganz klar als lokale Angebote geplant, wurden damit zur Anlaufstelle für interessierte Jugendliche aus ganz Deutschland. Und warum nicht auch einmal einen Vortrag aus dem Lab für alle ins Internet streamen, wie es das Lab Ulm zum Beispiel zum Thema Computerspiel-Entwicklung gemacht hat.
Ohne die großzügige Unterstützung der Skala Initiative, der Deutschen Bahn Stiftung sowie der Arnfried Meyer Stiftung könnten die Labs nicht wachsen und so tolle Angebote organisieren.
Mehr über die (neuen) Labs erfahrt ihr von Mechthild mit Jasper und Lisa im Talk vom Congress:
Online-Community
Das bringt uns zum nächsten Punkt: Wie gut, dass wir 2019 auch unsere Online-Community gestartet haben – das ist unsere Chat-Plattform, auf der inzwischen schon rund 700 Menschen aktiv sind, alle die in den letzten zwei Jahren auf unseren Events und den Lab-Angeboten dabei waren, Jugendliche und Mentor*innen. Seit den ersten Lockdown-Maßnahmen ist der Traffic noch einmal gestiegen. Hier kam unter unseren Teilnehmer*innen auch die Idee auf, den ersten Remote-Hackathon zu veranstalten.
In der Online-Community haben auch weitere Online-Formate ihren Ursprung: Zweimal haben im Videocall „Bring your own project“ Jugendliche ihre eigenen Codingprojekte vorgestellt und Mitstreiter*innen gesucht. Und hier finden wir auch fast alle Protagonist*innen unseres Jugend hackt Community Talk. Seit April sind wir elfmal am Dienstagnachmittag live auf Twitch auf Sendung gegangen und lassen unsere Teilnehmer*innen, Mentor*innen und Workshopleiter*innen zu Wort kommen. Das Publikum beziehen wir dabei direkt mit ein und spielen Fragen und Kommentare live zurück in die Sendung.
Die letzten zwei Livesendungen haben wir im Rahmen des rC3 übertragen, dem Ersatz-Online-Congress des CCC. Anstelle vor Ort in Leipzig haben wir die Wikipaka-WG diesmal als virtuelle Assembly aufgeschlagen und statt einem Bühnenprogramm gab es einen dezentralen Stream.
Und außerdem
Austausch: Nach mehreren Jahren gemeinsamer Austauschreisen mit dem Goethe-Institut hatten wir uns für August etwas besonderes ausgedacht: Die dareCon! sollte Jugendliche aus Deutschland und elf süd(ost)asiatischen Ländern auf einem Event in Bangkok zusammenbringen. Klar, dass das 2020 nicht machbar war. Mit dieser Antwort auf das Event-Motto „Wie stellst du dir die Zukunft vor?“ hatten wir nicht gerechnet. Wir freuen uns aber sehr darauf, die dareCon! 2021 als neu gedachtes Online-Event nachzuholen.
Schutzkonzept: Schon immer ist uns der Schutzraum sehr wichtig, den Jugend hackt für alle anwesenden Menschen bildet. Wir setzen das konkret vor Ort mit unserem Code of Conduct und Plakaten um, die die Jugendlichen über ihre Rechte aufklären. Ein Awareness-Team, also benannte Ansprechpartner*innen, gehören auch dazu. Mit der gestiegenen Bedeutung der Online-Community haben wir dort auch noch mal verstärkt auf die Regeln unseres Miteinanders hingewiesen und haben mit Robert und Julia auch ein ständiges Online-Awarenessteam. Wir haben uns auch zusätzlich von Fachkräften zur Prävention von sexualisierter Gewalt bei Kindern und Jugendlichen fortbilden lassen.
Jung. Digital. Engagiert: Ein tolles Projekt des HIIG, das junge Menschen vorstellt, die sich ehrenamtlich in digitalen Projekten einbringen. Toll, dass auch Jugend hackt dabei ist und unser Mentor Abraham sich die Zeit genommen hat, im Videoporträt darüber zu sprechen, warum er sich bei uns engagiert:
Jugendverstärker: Am 6. Dezember haben wir mit jungen Menschen aus der Community einen Ideathon für das Projekt Jugendverstärker durchgeführt. Das Projekt des IJAB soll ungehörte Themen von jungen Menschen im Internet aufspüren, aufzeigen und unseren Politiker*innen vorlegen, damit sie bessere Politik für junge Menschen machen können.
Personelles
Nach fünf tollen Jahren im Team hat Paula aus der Programmleitung im Februar bei Jugend hackt aufgehört und die Rolle an Mechthild weitergeben, die damit auch schon ein ganzes Jahr bei Jugend hackt ist. Im März gewannen wir Nina dazu, die mit dem Projektmanagement für die Events die Aufgaben von Saadya übernommen hat – und dann noch gleich einige weitere dazu.
Im April übernahm Julia von Ilona das Projektmanagement für die Labs und startete gleich direkt vom Home-Office aus in den neuen Job. Das neue Team war noch nie gemeinsam in einem Büro. Jakob, unser Bundesfreiwilligendienstleistender 2019/20, beendete sein Jahr bei Jugend hackt Ende August, taucht aber immer mal wieder in der Community auf.
Wie geht’s weiter?
Wir stecken gerade in den Planungen für unser 2021. Wie plant man für ein Jahr, bei dem noch nicht klar ist, wann und ob es irgendwann wieder sicher ist, sich in Gruppen zu treffen? Wir haben da auch keine gute Antwort. Wir hoffen sehr, dass es möglich ist. Es wäre toll, wenn die 2020 ausgefallenen Events dieses Jahr wieder stattfinden.
Die Jugend hackt Labs haben ihr Workshopprogramm nach der Weihnachtspause schon wieder aufgenommen und bieten laufend Mitmachangebote an. Auf absehbare Zeit natürlich ausschließlich online. Bei den momentanen fünf Lab-Standorten soll es nicht bleiben: Wir werden dieses Jahr viele neue Jugend hackt Labs eröffnen!
Die Community Talks setzen wir monatlich fort, Pandemie oder nicht – das Format macht einfach Spaß und wir freuen uns über jeden Themenvorschlag und alle, die dabei mitmachen wollen. Wir haben außerdem Pläne für noch mehr Möglichkeiten des gemeinsamen Online-Beisammenseins in Vorbereitung.