Diversity bei Jugend hackt – wie siehts eigentlich wirklich aus?

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von Nina Schröter

Gerade erst ist der Pride Month zu Ende gegangen. Wie jeden Juni haben sich diverse Unternehmen damit überschlagen, Regenbogen in ihre Logos zu packen. Wäre echte Diversität doch nur auch so einfach! Bei Jugend hackt gab es zwar keine Regenbogenfahne, aber Diversität schreiben wir uns auch gerne auf die Fahne.

Wir haben erst vor kurzem unseren neuen Code of Conduct veröffentlicht, in dem wir davon sprechen, kritisch Machtstrukturen hinterfragen zu wollen. Wir machen Diversity-Trainings, wir versuchen durch Diversity-Plätze und andere Maßnahmen den Anteil an FLINTA (Frauen, Lesben, inter Personen, nicht-binäre Personen, trans Personen, agender Personen) bei unseren Veranstaltungen zu erhöhen, wir ermahnen zu diskriminierungsfreier Sprache bei allen Veranstaltungen und wir ermuntern dazu, uns auf Fehler aufmerksam zu machen.

Und die Wahrheit ist: Fehler passieren und wir sind weit davon entfernt perfekt zu sein. Wir sind auch noch weit davon entfernt, so divers zu sein, wie wir es gerne wären. Das Jugend hackt Team ist ein ziemlich privilegierter Haufen und wir haben daher viel mit unseren eigenen Bias zu tun.

Fehlerkultur ist etwas, das bei Jugend hackt groß geschrieben wird und deswegen ist es für uns nur logisch, mit unseren Fehlern offen umzugehen, auch wenn das unbequem ist. Wir wollen euch also jetzt laufend mitnehmen und über unsere Aktivitäten im Bereich Anti-Bias-Arbeit informieren.

Wo stehen wir eigentlich?

Wo stehen wir eigentlich? Das ist schon gar keine leichte Frage. Wie messen wir Diversität? Und was messen wir da eigentlich? Wir haben statistische Angaben über die Teilnehmer*innen, die Jugend hackt Events besuchen. Da lässt sich zusammenfassend sagen: Der Großteil unserer Teilnehmer*innen (80 bis 90%) kommt vom Gymnasium, der Anteil von cis-Jungen liegt (soweit wir das überhaupt sagen können) bei 60 bis 70%.

In unserem Netzwerk aus Mentor*innen und Orgateams und unserem hauptamtlichen Team sieht es ähnlich aus. Wir sind überwiegend Akademiker*innen, der Anteil an FLINTA ist in den Orgateams etwas höher als bei den Mentor*innen. Andere Identitätsmerkmale zur gesamten Alpakaherde können wir nicht in Zahlen ausdrücken und im Grunde auch nur spekulieren. Sexuelle Orientierung, Gender-Identität, Herkunft, Hautfarbe, Religion, Behinderungen, familiärer Background: Das sind Dinge, die wir (durchaus auch bewusst) nicht abfragen, die aber natürlich im Bereich Anti-Bias trotzdem eine große Rolle spielen. 

Uns ist es als gesamtes Team wichtig, dass alle Personen sich bei uns wohlfühlen. Wir bekommen auch immer wieder von einzelnen Personen das Feedback, dass dies der Fall ist. Darauf wollen wir uns aber nicht ausruhen, denn es gibt auch immer wieder Situationen, in denen uns Kritik begegnet und in denen es uns nicht gelingt, einen diskriminierungsfreien Raum zu schaffen und Strukturen zu überwinden. 

Wir haben uns in den letzten Jahren zum Beispiel stark auf den Bereich Mädchenförderung konzentriert. Denn Mädchen sind im Technikbereich tatsächlich unterrepräsentiert. Gleichzeitig passt diese binäre Betrachtung für uns eigentlich auch schon länger nicht mehr – wieso sprechen wir so oft von Mädchen, wenn wir eigentlich FLINTA meinen? Wie kommunizieren wir dieses Thema verständlich für Jugendliche, die sich bisher gar nicht oder wenig mit dem Thema beschäftigt haben? Wie gehen wir bei Übernachtungen während unserer Events damit um, dass es eigentlich nicht damit getan ist, Mädchen und Jungs auf getrennte Zimmer aufzuteilen?

Unsicherheiten aushalten

Das Thema ruft bei uns mehr Unsicherheiten hervor, als wir gerne zugeben würden. Unsicherheiten auszuhalten gehört irgendwie zum Prozess dazu, aber wenn sie dazu führen, dass andere Personen von unserem Verhalten verletzt werden und sich nicht willkommen fühlen, dann müssen wir handeln.

Ganz aktuell haben wir im Rahmen einer Veranstaltung mehrere Dinge gesagt, die diskriminierend waren und wurden darauf zurecht hingewiesen. Auch in anderen Kontexten werden wir unserem eigenen Anspruch und Versprechen, dass sich bei uns alle wohlfühlen, nicht gerecht. Wir nehmen dieses Feedback sehr ernst und setzen uns mit unseren Fehlern und auch den dahinterliegenden Strukturen auseinander.

Dieser Post ist auch eine Reaktion darauf und wir werden weitere Schritte einleiten, uns weiterhin kritisch mit unserer Arbeit auseinanderzusetzen. Denn wir sind uns bewusst, dass wir uns erst auf dem Weg befinden, ein wirklich inklusives, macht- und diskriminierungsfreies Programm zu sein.

Deswegen wollen wir uns mit Hilfe einer Prozessbegleitung/Supervision in der nächsten Zeit noch stärker mit diesem und anderen Themen auseinandersetzen. Kennt ihr gute Organisationen oder Personen, die so etwas anbieten? Wir freuen uns über sachdienliche Hinweise 🙂

Das war jetzt nur ein sehr kleiner Einblick in unsere Arbeit, aber wir werden hier in der nächsten Zeit öfter berichten und dabei sicherlich noch einige weitere Themen aufgreifen. Wir freuen uns auf euer Feedback!