Hinter den Kulissen der Labausschreibung und -auswahl

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von Paula Grünwald

Im Januar konnten wir verkünden, welche Organisationen mit uns gemeinsam die ersten Jugend hackt Pilot-Labs aufbauen. Wir freuen uns schon riesig auf die Arbeit mit den Teams aus dem Verstehbahnhof und dem Verschwörhaus.

Bevor sich die beiden Orte hier im Blog genauer vorstellen, wollten wir vom Berliner Team die Gelegenheit nutzen und ein paar Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Ausschreibungsprozess teilen.

Der Ausschreibungsprozess

Das Konzept der Jugend hackt-Labs hat sich aus unserem bestehenden Angebot entwickelt. In den letzten Jahren hat sich abgezeichnet, dass das Format des Hackathons erfolgreich funktioniert, es unserer Zielgruppe jedoch oft an weiteren Angeboten zu den Wochenend-Veranstaltungen fehlt. Es besteht der Wunsch nach mehr Jugend hackt!

Daher entstand die Idee für die Labs. Grundlage für den Förderantrag und auch das Konzept bildeten auch Umfragen, die wir mit den Jugendlichen bei drei Events 2018 durchgeführt haben und eine Online-Umfrage.

Die Kernpunkte der Ausschreibung sind:

  • die Labs sollen ein ganzjähriges Angebot für die Zielgruppe sein
  • mit den Labs werden bereits treue Jugend hackt-Teilnehmer*innen erreicht
  • die Jugend hackt-Labs ermöglichen einen niederschwelligen Einstieg in die Jugend hackt-Community, für Jugendliche die bisher noch nicht an Events teilgenommen haben
  • von den Pilot-Labs aus werden je zwei weitere Labs durch die angestellten regionale Koordinator*innen mitbetreut
  • das Konzept der Jugend hackt-Labs soll perspektivisch über die Jahre weiterentwickelt und weitergeführt werden, sodass am Ende Jugend hackt-Labs, ähnlich den Events, in vielen Städten Deutschlands zu finden sind
Diese Karte zeigt die ungefähre Verteilung der Bewerbungen – die Punkte repräsentieren nicht einzelne Städte, sondern Regionen aus denen Bewerbungen eingingen.

Diese Punkte bildeten die Grundlage für die Begutachtung der Bewerbungen. Uns erreichten über 30 Bewerbungen aus sehr unterschiedlichen Regionen Deutschlands. In einigen Fällen erreichten uns mehrere Bewerbungen einzelner Initiativen und Organisationen aus einer Stadt, in anderen Fällen waren es auch tapfere “Vorreiter*innen”. Manche Organisationen und Initiativen kannten wir bereits persönlich und bei anderen waren wir positiv überrascht, wo und wer noch alles über das gemeinsame Thema nachdenkt.

Das Wort Pilot-Labs macht es deutlich: wir möchten mit der Gründung der ersten Labs so viel wie möglich unterschiedliche Erfahrungen sammeln können. Auf Basis dieser Erfahrungen möchten wir dann die Möglichkeit schaffen, weitere Labs in ganz Deutschland und eventuell sogar darüber hinaus entstehen zu lassen und zu begleiten.

Für die Sichtung der Bewerbungen haben wir zunächst alle Bewerbungen einzeln durchgesehen und nach einzelnen Merkmalen/Kriterien Punkte vergeben und diese dann im Plenum nochmals besprochen und ausgewertet. Im nächsten Schritt haben wir Einzelgespräche mit ausgewählten Bewerber*innen geführt.

Während der Ausschreibungssphase wurden wir zum Beispiel mehrmals gefragt, ob sich auch Städte für die Pilot-Labs bewerben könnten. Wir wollen uns mit unserem Angebot an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren, hier bekommen wir immer öfter das Feedback, dass auch in mittelgroßen und großen Städten vergleichbare Angebote fehlen. Daher hatten wir beschlossen, keine genaue Vorgaben für Einwohnerzahlen oder Angaben zur Größe der Stadt zu machen.

Die vielen Vorgespräche bestätigten uns, dass nicht nur wir und unsere Community den Bedarf sehen! Perspektivisch ist es unser Ziel, dass es Jugend hackt-Labs deutschlandweit an möglichst vielen Orten gibt.

Hintergründe zur Auswahl

Ein Kernkriterium bei der Auswahl der Partner*innen für die Pilot-Labs war, dass in der Region  2020 weitere Lab-Standorte entstehen sollen und diese mitzubetreuen sind. Aufgrund der mit der Ausschreibung verbundenen SKala-Förderung stand von Anfang an fest, dass es sich bei den Pilot-Labs direkt um Pilot-Regionen handeln wird. Die Organisationen vor Ort müssen also nicht nur in der Lage sein, ihr „hauseigenes“ Lab aufzubauen und zu betreuen, sondern im Sinne des Netzwerkgedankens von Jugend hackt auch im Folgejahr zwei weitere Standorte auszubauen.

Mit dem Verschwörhaus in Ulm haben wir einen Partner gewonnen, der schon seit einigen Jahren das Format Hackathon für Jugend hackt ausrichtet. Dieser Ort ist unter den bisherigen Teilnehmer*innen bekannt und auch das Team vor Ort bringt einiges an Jugend hackt-spezifischer Erfahrung mit. Darüber hinaus hat das Verschwörhaus ein bestehendes breites Angebot an Veranstaltungen zu unterschiedlichen gesellschaftlichen und technischen Themen – unter anderem zu Offenen Daten, zum Selbermachen, gemeinsamen Reparieren und politischem Engagement zur regionalen Mobilität.

In Ulm gibt es auch einen bestehenden Kern aus Mentor*innen, die aus dem Umfeld des Verschwörhaus kommen und auch abseits der Jugend hackt-Hackathons aktiv sind und sich in der Community einbringen. Darauf können wir auch für die Aktivitäten rund um die Jugend hackt-Labs bauen. Hier sehen wir vor allem die Möglichkeit zu erproben, wie an einem Jugend hackt-Ort das neue Angebot wahr- und angenommen wird. Darüber hinaus besteht im direkten Ulmer Umland ein Bedarf an vergleichbaren Angeboten und es ist ebenso möglich, die Region dank des vorhandenen Erfahrungsschatzes größer zu denken.

Der Verstehbahnhof in Fürstenberg ist vergleichsweise jung und noch im Aufbau. Er befindet sich auf einem weißen Fleck der bisherigen Jugend hackt-Karte. Durch seine Lage ist der Verstehbahnhof besonders spannend, er befindet sich in einem Bahnhofsgebäude. Die Bahnverbindungen zwischen Berlin und Fürstenberg sind mit einer knappen Stunde Fahrzeit und stündlichen Verbindungen günstig, um auch Jugendliche anzusprechen, die aus dem direkten Berliner Umland kommen. Und die Zahl der Angebote in Brandenburg ist (möglicherweise) durch die Nähe zu Berlin ist sehr gering, wenn nicht sogar kaum vorhanden.

Bahnhöfe sind oft ein Ort des Wartens und Zeitverbringens. Der Verstehbahnhof möchte auch Jugendliche einladen, die nicht gezielt einen Maker- oder Hackspace suchen, sondern einfach etwas Zeit mit anderen verbringen möchten. Der Zugang ist somit sehr niederschwellig gehalten. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten, um Jugendliche anzusprechen, denen der Zugang zu Technik bisher verschlossen war. Hier sehen wir vor allem das große Potenzial zu erproben, wie wir neue Zielgruppen erreichen können. Wir sprechen oft von Diversität und dem Wunsch, auch Jugendliche zu erreichen, die sich nicht in erster Linie als “Hacker*innen” identifizieren; sei es aufgrund ihres Geschlechts, Herkunft oder sozio-ökonomischen Hintergrunds. Wir haben hier bereits verschiedene Strategien im Rahmen der Hackathons umgesetzt und wollen diese in den Labs weiterentwickeln und erproben.

Wir haben mit der geografischen Auswahl und der Verteilung auf ein westdeutsches und ein ostdeutsches Bundesland sehr unterschiedliche Grundvoraussetzungen was sowohl Landes- und Kommunalpolitik und deren Förderlandschaft angeht, aber auch unterschiedliche biografische Zugänge zu Themen wie DIY, Making, Digitalität und Coding.

Im Förderantrag planten wir noch, durch Einzelgespräche mit einzelnen Organisationen und potenziellen Partner*innen unsere Pilot-Labs auszuwählen. Die Entscheidung, die Ausschreibung öffentlich zu machen, würden wir jederzeit wieder treffen. Sie hat das Verfahren transparent gemacht und allen Interessierten die Möglichkeit gegeben zu partizipieren – ein Grundwert, für den wir uns als Programm stark einsetzen. Außerdem hat uns das Feedback gezeigt, dass es tatsächlich einen großen Bedarf an Angeboten wie den Jugend hackt-Labs gibt – wir schauen also gespannt und voller Vorfreude auf die nächsten Jahre in denen Jugend hackt weiter wachsen wird! 🙂